Neues Weideprojekt mit Konik-Pferden startet im WWF-Auenreservat Marchegg

(20.05.2015) In Marchegg im östlichen Niederösterreich startet heute ein beispielloses Naturschutzprojekt mit frei lebenden Konik-Pferden. Koniks stammen aus Polen und sind weitläufige Verwandte des Tarpan, des bereits ausgestorbenen europäischen Wildpferdes.

„Mensch und Pferd verbindet eine lange gemeinsame Geschichte. Auch bei der Erhaltung von Naturgebieten ist der Einsatz von Pferden vielfach und langjährig erprobt. Koniks sind an das Leben in den March-Auen bestens angepasst, weil die Tiere hier ähnliche Bedingungen vorfinden, wie sie es von daheim gewohnt sind. Obwohl sie zart wie Ponys erscheinen, sind diese Pferde äußerst robust und genügsam“, sagt WWF Ehrenpräsident und Tierarzt Helmut Pechlaner.


Dr. Stephan Pernkopf, Andrea Johanides, Gernot Haupt, Dr. Helmut Pechlaner

Gemeinsam mit dem NÖ Naturschutzlandesrat Dr. Stephan Pernkopf und WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides, wurde heute die Weidefläche offiziell eröffnet. Erstmals in Österreich, wird für die naturnahe Beweidung mit diesen urtümlichen Pferden, ein Areal von rund 70 Hektar zur Verfügung stehen. Die Herde wird heuer mit sechs Stuten begründet und soll langsam anwachsen.

Die Pferdeweide Marchegg wird im Rahmen eines von der EU geförderten LIFE + Naturschutz-projekts eingerichtet. Die Koniks sollen dabei als aktive Landschaftspfleger eingesetzt werden. Die grasenden Pferde verhindern das Zuwachsen der Wiesen, lichten Wälder auf und halten durch ihre Huftritte Bodenstellen offen.


Konik Pferde in Marchegg

Davon profitieren gefährdete Arten wie der Weißstorch oder die Wildbienen. „Beweidung als Pflegemaßnahme in Schutzgebieten gewinnt in unserem Naturland Niederösterreich zunehmend an Bedeutung.

Durch die Pferdeweide kann das Auenreservat Marchauen naturnäher und somit noch attraktiver für die Besucher gestaltet werden“, gratuliert Naturschutz-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf dem WWF zu diesem Projekt.

Nach drei Wochen in der Eingewöhnungskoppel und einem sorgfältigen Gesundheitscheck dürfen die Konik-Pferde nun ihr neues Revier, die vorerst 35 Hektar große Pferdeweide im Süden des WWF-Naturreservates, erkunden. Ein Pferdebetreuer des WWF-Reservats betreut die Konik-Herde und kümmert sich um das Wohlergehen der Pferde - derzeit zwei ältere Leitstuten und vier Jungtiere.


Konik Pferde in Marchegg

Wenn es allen Tieren gut geht wird die Weidefläche im nächsten Jahr auf das Doppelte erweitert. WWF-Geschäftsführerin Johanides erklärt: „Koniks sind sehr selbstständige Pferde. Unsere Herde lebt zwar in der Obhut der Menschen, aber in einer Form, die am ehesten den natürlichen Bedingungen entspricht.“

Für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts wurde ein Beirat eingerichtet, dem unter anderem Veterinärmediziner, Ökologen und erfahrene Tierhalter angehören.

Die sechs Gründertiere der Marchegger Herde stammen aus einem großen Naturreservat in Polen. Dort werden Koniks seit fast 90 Jahren als Nachfahren der ausgestorbenen Tarpans gezüchtet. Die kleinen Pferde sind graubraun, haben Zebra-artige Streifen an den Beinen und einen dunklen Aalstrich am Rücken.

Wie ihre wilden Vorfahren, leben sie noch in streng strukturierten Haremsverbänden. Zu einer vollständigen Gruppe gehört ein Hengst, sowie mehreren Stuten und Jungtiere. Ab 2016 soll auch in der Marchegger Herde ein Hengst für Nachwuchs sorgen. Im Laufe der nächsten vier bis fünf Jahre soll die Herde dann langsam auf einen Zielbestand von rund 20 Tieren anwachsen.

Mit den sympathischen Pferden bekommen die jährlich rund 50.000 Besucher der Marchegger Storchenkolonie eine weitere Attraktion. Im WWF Auenreservat können sie die Koniks in ihrem natürlichen Umfeld und Lebensraum aus nächster Nähe beobachten. Ein Weidezaun umgrenzt die Weidefläche aus Wiesen, Wäldern, Schilfröhrichten und Altarmen.

Der Zaun ist so ausgeführt, dass die kleinen Pferde nicht ausbrechen, Wildtiere aber ungehindert passieren können. Selbstverständlich sind alle Rundwanderwege im Reservat trotz des Weidezaunes auch für die Besucherinnen und Besucher weiterhin uneingeschränkt begehbar. Das Storchenhaus Marchegg bietet in den Sommermonaten regelmäßig Exkursionen in das Gebiet an.


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