Abdeckhauben auf Strommasten bewahren die seltenen Greife jetzt vor dem Stromtod

(15.09.2015) Mit 9 Brutpaaren und 14 Jungvögeln bleibt Niederösterreich auch mit dem diesjährigen Bruterfolg der Kaiseradler-Hotspot in Österreich. Dabei haben es gerade diese seltenen Greifvögel nicht einfach: Verlässt ein Jungvogel den elterlichen Horst hat er schon einige Naturgewalten und Fressfeinde überlebt.

Auch wenn die edlen Greife dann erstmalig ihre bis zu 2 Meter langen Schwingen zum Einsatz bringen,  bleibt das Leben in freier Wildbahn voller - meistens durch den Menschen verursachter Gefahren.

Untersuchungen haben ergeben, dass gerade eine nicht unerhebliche Anzahl an besonders geschützten Vogelarten wie Uhu, Kaiser-, See- und Steinadler, Milane, Weiߖ und Schwarzstörche dabei tödlichen Stromschlägen zum Opfer fällt.


NÖ Netz-Monteure bei der Montage der Vogelschutzhauben
Mit einem gemeinsamen Projekt zeigen Birdlife Österreich und die Netz NÖ erstmals in Niederösterreich, wie mit dem Anbringen von Abdeckhauben zumindest die Gefahrenquelle tödlicher Stromschläge für die Vogelwelt entschärft werden kann.

„In Mitteleuropa gibt es nur mehr etwa 200 Kaiseradler-Brutpaare. Davon haben heuer in ganz Österreich 13 Brutpaare insgesamt 21 Jungvögel aufgezogen.  In Niederösterreich, im Raum Laaer Becken, dem March-Vorland und der Donau-Auen östlich und westlich von Wien finden sich dabei alljährlich die meisten Horste.

Es liegt somit auf der Hand,  warum dieser extrem gefährdete Vogel verstärkten Schutz benötigt“, macht Dr. Remo Probst, Projektleiter bei Birdlife Österreich, auf die Lage der Greifvögel aufmerksam.

Die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich und Netz NÖ, eine 100 %-Tochter der EVN, starten daher gemeinsam ein weiteres Programm zum Schutz des Kaiseradlers. Dabei werden in einem ersten Schritt im Raum Laa knapp 20 Mittelspannungsmasten mit Vogelschutzhauben versehen, die einen Stromschlag verhindern sollen.

„Setzen sich Kaiseradler auf Stromasten, laufen sie derzeit Gefahr einen tödlichen Stromschlag zu erleiden. Das Pilotprojekt mit Netz NÖ kann uns hier wichtige Ansatzpunkte für weitere Schutzmaßnahmen liefern“, so Probst über das richtungsweisende Projekt.

Netz NÖ: Vogelschutzhauben für über 150 Masten

Nach der Auswertung der Ergebnisse dieses Pilotprojektes planen Birdlife und Netz NÖ alle Masten im Projektgebiet – das sind über 150 Masten – mit diesen Vogelschutzhauben zu versehen. Dipl. Ing Robert Essbüchl, Geschäftsführer der Netz NÖ GmbH: „Nur durch umfassende und konsequent durchgeführte Naturschutzprogramme können bedrohte Tier- und Pflanzenarten bewahrt und erhalten werden. Dazu möchte auch wir unseren Beitrag leisten.“

Die Kosten für das gesamte Projekt liegen bei rund 120.000 Euro. „Für uns eine wichtige Investition für eine stark bedrohte Tierart“, so Essbüchl.

Größere Vogelarten am häufigsten betroffen

Wie oft Stromunfälle passieren ist stark von der Größe des Vogels und der Bauart der Strommasten abhängig. Betroffen sind vor allem Offenlandbewohner, also Vogelarten denen allein von der Landschaftsstruktur nur wenige natürliche Sitzwarten zur Verfügung stehen.

Es hat sich gezeigt, dass vor allem große Arten, welche beim An- oder Abflug auf Masten mit den Flügeln die Leitung streifen und damit die Isolatorenstrecke leichter überwinden, überproportional häufig dem Stromtod zum Opfer fallen. Um rasche Abhilfe in den betroffenen Gebieten zu schaffen, setzt die Vogelorganisation daher auf regionale Kooperationen mit den Netzbetreibern.

Datenbank und Meldungen aus der Bevölkerung hilfreich

Abgesehen vom Anbringen der Vogelabdeckhauben bleibt für Probst vor allem auch der Aufbau einer Datenbank vordringlich: „ Nur so können wir uns über das Ausmaß der Stromtod-Problematik und der besonders betroffenen Gebiete ein konkretes Bild schaffen“.

BirdLife geht im Rahmen der ORF Umweltinitiative MUTTER ERDE  daher nicht nur der genauen Todesursache von verendeten Vögeln nach, sondern speist die Daten erstmals in eine koordinatengenaue Datenbank ein.

„Mit diesen gewonnenen Erkenntnissen können dann effektive Schutzmaßnahmen mit dem Netzbetreiber umgesetzt werden. Durch diese Vorgangsweise können wir die Maßnahmen zielgenau in den Gebieten mit den größten Aufkommen der gefährdeten Vogelarten und dem Auftreten gefährlicher Leitungsabschnitte umsetzen“, weiß Probst.

Die Vogelschutzorganisation bittet dabei auch um die Mithilfe von aufmerksamen BürgerInnen und Bürger, Meldungen von durch Stromschlag getötete Vögel an BirdLife  per E-Mail weiterzuleiten: [email protected].


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